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Bericht
in der WAZ vom 18. Juni 2014
Haben
sichtlich Spaß im und am Wasser, die Bochumer Master-Schwimmer.Foto:
Rainer Raffalski
Alt-Meister sind immer auf Titeljagd Schwimmen: Die Masters von Blau-Weiß Bochum bilden eine illustre und erfolgsorientierte Gemeinschaft, die viel herumkommt So
viele Deutsche-, Europa- und Weltmeister hat es in einem Bochumer Schwimm-Team
wohl selten gegeben, sogar eine Olympia-Teilnehmerin ist Mitglied der Blau-Weiß
Masters. Ab dem 20. Juni gehen sie in Hannover wieder auf Titeljagd. Ein
Schwimm-Master ist jeder offiziell ab dem 20. Lebensjahr. Laura Treckler ist
in Bochum mit 23 Jahren die jüngste und damit eher die Ausnahme. Denn nach
oben sind beim Alter keine Grenzen gesetzt: Die erfahrenste Staffel der
Blau-Weißen tritt diesmal in der Altersklasse 280 an. Ihr fortgeschrittenes
Alter hält die Schwimmer nicht davon ab, ständig Medaillen abzuräumen und
neue Rekorde aufzustellen. Dafür trainieren sie bis zu viermal in der Woche.
„Es ist keine Garantie für ein längeres Leben, aber eine Garantie zum
Wohlfühlen“, sagt Manfred Fischer, mit 81 Jahren der Älteste im Bunde. Vor
allem die Damen aber führen die Masters an. Eine von ihnen ist Heli Houben.
Die 62-Jährige nahm 1968 als junges Mädchen an der Olympiade in Mexiko teil
und holte prompt eine Bronzemedaille für Deutschland. Doch irgendwann packte
sie das Burn-Out-Syndrom, 32 Jahre lang mied sie Schwimmbäder, bevor August
Demuhs, ein mittlerweile verstorbenes Gründungsmitglied der Blau-Weiß
Masters, sie zurück auf die Bahn lockte. Heute ist sie die erfolgreichste
Schwimmerin der Masters, holte zuletzt dreimal Bronze bei der EM in Eindhoven. Demuhs
baute die Masters mit auf, holte auch Ingrid Keusch-Renner mit ins Boot. Die
studierte Lehrerin ist im Klub groß geworden – zu den Zeiten, wo noch ein
Friseur im Schwimmbad seinem Gewerbe nachging. „Wenn wir aus dem Wasser
kamen, musste die Frisur doch sitzen“, sagt Keusch-Renner mit einem Lächeln.
Mit acht Jahren hatte sie das Schwimmen für sich entdeckt und schnell erste
Erfolge gefeiert: Erst auf Schul- und Stadtmeisterschaften, später bei der
ersten Deutschen Hallenmeisterschaft in Düsseldorf, wo sie über 100 und 200
Meter Brust Jugendmeisterin geworden ist. Ihre
sportliche Karriere endete, als Keusch-Renner nach Kanada umsiedelte. Auch
wenn 1958 die Rückkehr nach Deutschland folgte, der Schwimmanzug blieb im
Schrank, ins Wasser ging es nur noch zum Baden. Keusch-Renner zog ihre zwei
Kinder groß und legte erst nach der Rente vor 18 Jahren wieder mit dem
sportlichen Schwimmen los. Seitdem
hat sie einige Titel gesammelt und ist auf der Welt noch einmal richtig
rumgekommen. Denn jährlich wechseln sich Europa- und Weltmeisterschaften bei
den Masters ab. Keusch-Renner und ihre Mannschaftskollegen sind regelmäßig
dabei. So hat es sie etwa schon nach San Francisco (USA) – wo Keusch-Renner
Weltmeisterin über 50 Meter Brust geworden ist — oder zuletzt Riccione
(Italien) verschlagen. Die nächste WM findet Anfang August in Montreal
(Kanada) statt, Keusch-Renner rechnet sich gute Chancen aus, weil sie mit 80
Jahren in eine neue Altersklasse aufgestiegen ist – und dort nun eine der Jüngsten
ist. Sie tritt über 50 und 100m Brust sowie 200m Rücken an. Vor
der Reise nach Kanada steht aber die Deutsche Meisterschaft an, neun der 20
aktuellen Blau-Weiß Masters fahren nach Hannover, um wieder ordentlich
Medaillen abzuräumen. Und ans Aufhören denkt noch keiner. „Es soll natürlich
nicht ins Absurde gehen, der sportliche Ehrgeiz steht im Vordergrund. Aber so
lange wir nicht auf den Startblock getragen werden müssen, machen wir
weiter“, scherzt Houben. |